Wie wehre ich mich gegen Entscheidungen von Kranken-/Pflegekassen?
Ohne Gewähr. Dies ist nur als allgemeine Information gedacht, um
den Betroffenen zu helfen, eine Rechtsberatung durch den Anwalt
punktgenau zu unterstützen.
Zusammenfassung
Es gibt fünf verschiedene Wege, ergänzend zum Widerspruchsverfahren
mit problematischen Entscheidungen der Krankenkassen umzugehen:
- Dienstaufsichtsbeschwerde entweder an den Vorgesetzten oder direkt
an den Vorstand der Krankenkasse
- Beschwerde an die Selbstverwaltung der KK, zB Verwaltungsrat
- Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde (je nach Organisation = ob
bundesweite oder nur regional tätige KK) Bundesversicherungsamt (BVA)
oder Landesversicherungsämter
- Beschwerde bei der Bundes-Patienten-Beauftragten
- Petition an Landtag bzw Bundestag
Hintergrund
Von W S
Das Recht der Gesetzlichen
Krankenversicherungen (GKV) ist im SOZIALGESETZBUCH V (SGB V) und
weiteren Vorschriften des Sozialrechts geregelt. Gesetzliche
Grundlage der Pflegeversicherung ist das SGB XI. Wenn nachfolgend
von der Krankenkasse die Rede ist, so treffen diese Ausführungen
grundsätzlich auch auf die anderen Sozialversicherungszweige zu.
Üblich ist, daß der Versicherte, der eine Leistung der Krankenkasse
begehrt, sich mit einem in der Regel formlosen Antrag an seine
Krankenkasse wendet. Was, wenn die Krankenkasse dem Antrag nicht
oder nicht in vollem Umfang entspricht?
Entscheidungen der Krankenkasse stellen rechtliche Verwaltungsakte
dar. Wie gegen alle Verwaltungsakte, durch die der Bürger sich
beschwert fühlt (Art. 19 IV GG), können auch Verwaltungsakte der
Sozialversicherung mit Rechtsbehelfen angefochten werden.
Nicht jeder Bescheid der Krankenkasse ist ein
Verwaltungsakt. Eine mündliche Auskunft am Schalter, auch wenn
z.B. darin eine Leistungsablehnung kundgetan wird (z.B. "Herr Meyer
- leider steht Ihnen keine Kur zu!"), ist nur Ausdruck von
Verwaltungshandeln - kein Verwaltungsakt. Der Versicherte kann
jedoch einen schriftlichen rechtsbehelfsfähigen Bescheid fordern.
Wird dieser Bescheid nicht innerhalb angemessener Frist erteilt, kann
beim Sozialgericht eine sog. Untätigkeitsklage eingereicht werden
mit dem Ziel, der Krankenkasse den Erlaß des beantragten Bescheides
aufzugeben.
Gegen einen Verwaltungsakt kann innerhalb eines Monats nach
Bekanntgabe, d.h. nach Zugang beim Versicherten, schriftlich
Widerspruch bei der Krankenkasse eingereicht werden. (Wenn der
Bescheid keine Rechtsbehelfserklärung enthielt, verlängert sich die
Frist auf 12 Monate!) Dieser Widerspruch kann auch mündlich bei der
Krankenkasse vorgebracht werden, die verpflichtet ist, ihn "zu
Protokoll zu nehmen". Auf den eingereichten Widerspruch hin
überprüft die Krankenkasse intern noch einmal die Entscheidung mit
der Möglichkeit, sich zu korrigieren; verbleibt es dennoch bei der
Entscheidung der Krankenkasse, wird der Widerspruch einer
"Widerspruchsstelle" der Selbstverwaltung der Krankenkasse zur
Entscheidung vorgelegt. Diese Widerspruchsstelle besteht aus
ehrenamtlichen Mitgliedern der Selbstverwaltung (Arbeitgeber- und
Versichertenvertreter). Gibt die Widerspruchsstelle dem Versicherten
Recht, hat die Krankenkasse dem Widerspruch abzuhelfen; ansonsten
erläßt die Widerspruchsstelle einen schriftlichen
Widerspruchsbescheid. Dieser Bescheid muß begründet sein und eine
Belehrung über den weiter zulässigen Rechtsbehelf beinhalten.
Gegen den Widerspruchsbescheid steht der Rechtsbehelf der Klage beim
Sozialgericht zur Verfügung. Die Klage muß innerhalb einer Frist von
einem Monat seit Zugang des Widerspruchsbescheides schriftlich beim
Sozialgericht eingereicht oder dort zu "Protokoll" gegeben werden.
Gegen das Urteil des Sozialgerichtes kann innerhalb eines Monats seit
seiner Zustellung Berufung zum Landessozialgericht erfolgen; gegen
die Entscheidung des Landessozialgerichtes ist Revision beim
Bundessozialgericht möglich.
Im Widerspruchsverfahren sowie im Klageverfahren vor dem Sozialgericht
und Landessozialgericht ist kein Rechtsanwalt erforderlich, der
Versicherte kann sich selber vertreten. Das Widerspruchsverfahren
sowie Prozesse in der Sozialgerichtsbarkeit sind für den
Versicherten kostenlos, lediglich die Krankenkassen müssen
unabhängig vom Prozeßausgang eine Gerichtsgebühr zahlen. Das Gericht
regelt im Einzelfall die Frage, inwieweit dem Versicherten seine
Auslagen, die ihm durch die Rechtsverfolgung entstanden sind, zu
erstatten sind.
Die Aufklärung des Sachverhaltes und die Erhebung von Beweisen ist
Aufgabe des Gerichts - empfehlenswert ist dennoch die sachgerechte
Vorbringung von Sachverhalt und Beweisangeboten durch den Kläger.
Wichtig: Wird gegen einen Verwaltungsakt der Krankenkasse nicht
rechtzeitig Widerspruch eingelegt, wird der Bescheid bindend sowohl
für die Krankenkasse als auch für den Versicherten.
Falls sich der Versicherte durch einen Krankenkassenbediensteten
ungerecht behandelt fühlt, kann er durch eine
Dienstaufsichtsbeschwerde an den Vorstand der Krankenkasse das
Verhalten des Bediensteten rügen. Die Dienstvorgesetzten oder die
Selbstverwaltung werden sich des Vorganges annehmen und den
Bediensteten zu korrektem Verhalten anhalten.
Dienstaufsichtsbeschwerden sind weder an bestimmte Formen und Fristen
gebunden, ersetzen vor allen Dingen auch nicht das
Rechtsbehelfsverfahren.
Eine weitere Möglichkeit der Gegenwehr durch Versicherte ist die
Beschwerde bei den Versichertenaufsichtsbehörden
(z.B. Bundesversicherungsamt oder Landesversicherungsämter) sowie
den Petitionsausschüssen der Landtage (Abgeordnetenhaus) und des
Deutschen Bundestages. Neuerdings fungiert als Ombudsfrau die
Bundes-Patientenbeauftragte.
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